„Babygesänge“ ist Wissenschaftsbuch des Jahres
WÜRZBURG – Prof. Dr. Kathleen Wermke erforscht das Weinen und die vorsprachlichen Lautäußerungen von Säuglingen und Kleinkindern weltweit und hat mit ihrem Buch „Babygesänge. Wie aus Weinen Sprache wird“ bahnbrechende Erkenntnisse erzielt. Das im vergangenen Jahr im Molden Verlag erschienene Werk wurde nun in Österreich zum besten Wissenschaftsbuch des Jahres in der Kategorie Medizin/Biologie gewählt.
In ihrem Sachbuch führt Prof. Dr. Kathleen Wermke die Leser auf über 200 Seiten in die geheimnisvolle Klangwelt der Babys ein. Durch zahlreiche Hörbeispiele beschreibt sie, wie Brabbeln, Quieken, Schreien und Weinen mit Magie zu vergleichen sind. Diese Magie scheint auch auf die Leserschaft übergegriffen zu haben, denn Wermkes Buch wurde nun in Österreich ausgezeichnet. Wermke ist Leiterin des Zentrums für vorsprachliche Entwicklung und Entwicklungsstörungen am Uniklinikum Würzburg (UKW).
Ehre und Anerkennung
Die Wahl des besten Wissenschaftsbuches erfolgte durch eine Fachjury aus Wissenschaft, Forschung, Wissenschaftsjournalismus sowie der Buchbranche. Es wurden zunächst fünf Titel in vier Kategorien ausgewählt, aus denen dann in einer Publikumswahl die Sieger ermittelt wurden. Wermke äußerte sich erfreut: „Ich danke allen, die für mein Buch gestimmt haben. Es ist eine große Ehre für mich und eine Anerkennung meiner langjährigen Arbeit.“ Auch der österreichische Minister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Martin Polaschek, gratulierte und ermutigte Forscher, ihr Wissen weiter mit der breiten Öffentlichkeit zu teilen.
Babys in verschiedenen Kulturen weinen unterschiedlich
Kathleen Wermke erforscht das Weinen von Babys und Kleinkindern seit Jahrzehnten auf fast allen Kontinenten. Ihre Forschung zeigt, dass kulturelle Unterschiede bereits in den ersten Lauten erkennbar sind. Französische Babys weinen beispielsweise mit Akzent, und japanische sowie schwedische Babys zeigen komplexere Weine als deutsche Säuglinge. In der Lamnso-Sprache im Nordwesten Kameruns gibt es sogar acht Tonhöhen und spezifische Tonhöhenverläufe. Wermke schließt daraus, dass Babys bereits im letzten Drittel der Schwangerschaft durch die Sprachmelodie der Mutter geprägt werden und diese später imitieren. Sie ist überzeugt, dass ein besseres Verständnis der Babylaute dazu beitragen kann, die kognitiven und körperlichen Anstrengungen der Babys zu würdigen, die notwendig sind, um über ihre Stimme eine emotionale Bindung zu ihren Bezugspersonen aufzubauen.
Wertschätzung des musikalischen Urgesangs
Wermke sieht ihren Ansatz nicht als Ratgeber zur Sprachförderung, sondern möchte Erwachsene – nicht nur Eltern – dazu anregen, Babys zuzuhören und ihre stimmlichen Botschaften zu schätzen. Sie beschreibt das Weinen und die vorsprachlichen Lautäußerungen als „musikalischen Urgesang“, der dem Gesang mancher Tiere ähnelt. Aus diesem Urgesang entwickle sich später die gesprochene Sprache. Ihre Arbeit wird derzeit mit Unterstützung der Carl Friedrich von Siemens Stiftung fortgesetzt, während sie an einem Fachbuch zu diesem Thema arbeitet.
Wissenschaftliche Datenbank von Babylauten
Wermke, die viele Jahre am Institut für Anthropologie der Charité in Berlin forschte, baute 2003 in Würzburg das interdisziplinäre Zentrum für vorsprachliche Entwicklung und Entwicklungsstörungen auf. In Zusammenarbeit mit verschiedenen Kliniken entstand eine weltweit einzigartige Datenbank von Babylauten, die es ermöglicht, die normale Sprachentwicklung sowie Einflussfaktoren wie Fehlbildungen und Hörstörungen zu analysieren.

Alle Wissenschaftsbücher 2025 auf einen Blick:
- Naturwissenschaft / Technik: Paulina Rowińska: Mapmatics. Wie Karten unser Weltbild prägen (Aufbau)
- Medizin / Biologie: Kathleen Wermke: Babygesänge. Wie aus Weinen Sprache wird (Molden)
- Junior-Wissensbücher: Lotte Stegeman, Mark Janssen: Die Gefühle der Tiere. Von eifersüchtigen Affen, ängstlichen Hunden und pfiffigen Ratten (Rotfuchs), ab 8
- Geistes- / Sozial- / Kulturwissenschaften: Gerhard Ammerer, Nicole Bauer, Carlos Watzka: Dämonen (Verlag Anton Pustet)
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