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Schonungens Libella-Mann und sein Sieg bei „The Race“: 2020 will Bürgermeister Stefan Rottmann die Wahl mit 1000 Stimmen Vorsprung gewinnen – oder ohne Gegenkandidaten

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Schonungen – Von seiner Familie bekam Stefan Rottmann ein ganz besonderes Geschenk überreicht. Eine Karikatur, die den 25-Jährigen am Schreibtisch sitzend zeigt, im Hintergrund ein Schonunger Rathaus, das deutlich eingenommen ist von den Farben der SPD. Als das Bild entstand, da war das noch Wunschdenken. Seit Sonntagabend aber ist Rottmanns großer Traum in Erfüllung gegangen: Er wird ab Mai Deutschlands jüngster hauptamtlicher Bürgermeister. 2335 Schonunger entschieden sich für ihn, ganze drei (!!) weniger votierten für den 61 Jahre alten CSU-Mann Martin Oßwald. Auf die Wand im Schonunger Rathaus wurde gegen 19.30 Uhr das nach einer weiteren Überprüfung amtliche Endergebnis projiziert: 50,0 zu 50,0 Prozent! Ein Foto-Finish mit knappstem Ausgang. Irgendeine einzige Familie in der Großgemeinde kann für sich behaupten, die Wahl entschieden zu haben, wenn sie Rottmann wählte. „Das ist der Hammer“, meinte stellvertretend André Merz, SPD-Fraktionskollege des neuen Bürgermeisters im Gemeinderat.

Die CSU´ler, darunter die Europaabgeordenete Anja Weisgerber und Innenstaatssekretät Gerhard Eck, verschwanden danach recht schnell aus dem Rathaus. Sie alle hatten fest mit einem Sieg von Oßwald gerechnet. Elisabeth Weger, Fraktionsvorsitzende der CSU, zeigte sich sichtlich enttäuscht. „Man muss das akzeptieren. Schonungen soll seine Regierung bekommen, so wie es gewählt hat. Für Martin Oßwald aber ist das schade!“ Der Geschlagene, immerhin über viele Jahre stellvertretender Bürgermeister und mit großer Erfahrung ausgestattet, kündigte an, sich komplett aus der Politik zurückzuziehen. Bislang sprach er lediglich davon, sein Amt als 2. Bürgermeister im Misserfolgsfall aufzugeben. Stefan Rottmann aber wiederholte gleich nach seinem Sieg seinen Wunsch, Oßwald als zweiten Mann an seiner Seite zu haben. „Ich hoffe, er sagt doch noch, wir machen es gemeinsam und generationsübergreifend“, so der Sieger. Immerhin mobilisierten beide zusammen die Bürger zu fast 75 Prozent Wahlbeteiligung. Der Verlierer verzichtete zumindest auf eine nochmalige Auszählung aller Stimmen. Bis Dienstag um 11 Uhr wird der Wahlausschuss dennoch nochmals alle Unterlagen überprüfen, um dann das endgültige Resultat festzustellen.

Die Übergabe des Amtes steht also noch an, symbolisch wurde der Machtwechsel bereits vollzogen. Der nach 18 Jahren aus gesundheitlichen Gründen ausscheidende CSU-Bürgermeister Kilian Hartmann, bei dessen letzter Wahl immerhin die SPD noch auf einen eigenen Kandidaten verzichtete, überreichte Rottmann und dessen Freundin Tanja Drude einen Blumenstrauß und mehr als nur warme Worte. „Er ist jemand wie ich, der auf jeden Bürger zugehen kann. Er soll sich seine Begeisterung bebehalten. Ich bin mir sicher, dass er in seine Aufgaben hineinwachsen wird.“ Hartmann bot an, ab sofort für Fragen zur Verfügung zu stehen und den neuen Mann auch jetzt schon auf Termine mitzunehmen. Gleichwohl betonte der alte Bürgermeister: „Martin Oßwald war mehr als nur mein Stellvertreter. Ich hätte mir gewünscht, dass er es schafft. Er wollte die Gemeinde die nächsten acht Jahre weiter entwickeln.“ So lange geht Rottmann erste Amtszeit.

„Wenn die Bürgerschaft nahe an den Gemeindeaufgaben wäre, dann hätte Martin Oßwald gewonnen. Wenn die Mehrzahl aber nicht so sehr dran ist am Gemeindegeschehen, dann nicht“, gab Hartmann seinem Nachfolger auf den Weg. Soll wohl heißen: Die anstehende Altlasten-Sanierung oder dringende Baumaßnahmen wie die Errichtung einer neuen Grundschule werden die Schonunger Kassen nachhaltig belasten. Rottmann punktete aber im Wahlkampf nicht zuletzt mit seiner Vision, die Gemeinde lebendiger zu gestalten, um junge Familien anzulocken. „Es gibt Pflichtaufgaben und Schrauben am Haushalt. Das wird er merken“, so Hartmann.

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Warum Rottmann also – wenngleich knapp – siegte? Aus seiner eigenen Sicht war es das Wahlprogramm mit zahlreichen Ideen für eine Heimatgemeinde, verbunden mit endlosem Fleiß. 250 Tage war er im Einsatz, 30.000 Flyer ingesamt verteilten er uns sein Team in allen neun Gemeindeteilen plus den vier Weilern. Noch in der Nacht auf Sonntag hängte die SPD-Crew 2500 Türschilder an alle Haushalte. „Am Morgen habe ich dann viele junge Leute aufgeweckt, die nachts noch in der Disco waren, und gefragt, ob sie schon bei der Wahl waren“, spaßte Rottmann. „Demokratie ist etwas ganz Spannendes“, meinte der Wahlsieger, dessen Interesse an der Politik schon in jungen Jahren erwachte, weil er im Altlastengebiet aufwuchs und frühzeitig die Probleme der Sanierung mitbekam.

„Politik ist wie Fußball: Am Schluss zählen die Tore“, sagte Rottmann dann auch noch und erinnerte an seine Vollzeit-Arbeitsstelle als Bankkaufmann, an sein gerade erst abgeschlossenes Studium nebenbei zum Bankfachwirt und an einen Umzug in den letzten Monaten innerhalb Schonungens. „Die Themenvielfalt, Überzeugungsarbeit bei den Veranstaltungen und Fleiß“, konnte er dennoch auf sich beziehen. Nun stehen noch ein paar Wochen Arbeit in der Bank an. „Das werde ich sehr genießen, weil ich gerne Banker war und mich wohl gefühlt haben. Also ist ein bisschen Wehmut dabei. Aber als Bürgermeister kann ich mich besser für die Gemeinde einbringen.“ Und weiter nach vorne blickte Rottmann auch schon. Selbstbewusst: „Ich hätte mir die Wahl unspektakulärer vorgestellt. In acht Jahren will ich 1000 Stimmen mehr – oder keinen Gegenkandidaten!“ Den SPD-Staffelstab bekam er von Jonas Merzbacher überreicht. Der wurde mit 24 Jahren Bürgermeister der oberfränkischen Gemeinde Gundelsheim, ist nun 28 und hat mit Stefan Rottmann seinen Nachfolger gefunden.

Die Blumen auf der Bühne waren natürlich rot, es gab neben Hausener Freibier freilich auch Pils der Brauerei Roth. Zum Einmarsch erklang der 88er Song „The Race“ der Schweizer Band Yello. Rottmann hat das Rennen gewonnen. Bei der Feier im Saal der FT Schonungen durften vor der großen Sause noch einige Gratulanten zu Wort kommen. Mit Friedel Heckenlauer wünschte im Rathaus schon ein CSU-Kollege „eine gute Hand in den nächsten acht Jahren. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit in der Region“, so Stadtlauringens Bürgermeister, den mit Rottmann die Allianz des Schweinfurter Oberlandes verbindet. Später sprachen dann allerdings nur noch die SPD-Genossen von dort ins Publikum, wo u.a. Michl Müller einst die Massen zum Lachen brachte. Stefan Rottmann punktete, logisch, auch als Veranstalter von diversen Kabarett-Events in Schonungen.

„Schonungen ist nicht roter geworden, nur kritischer. Dein Programm war das bessere“, lobte Stefan Fuchs, Kreisverbandsvorsitzender der Grünen, die eine Wahlempfehlung für Rottmann abgegeben hatten. Als Geschenk gab´s natürlich roten Bio-Wein. Als „aufrichtig und durchsetzungstark“ bezeichnete die SPD-Landtagsabgeordnete Sabine Dittmar den neuen Bürgermeister, der „Probleme analysiert, an den Hörnern packt und dann Lösungen herbeiführt“. Der Schweinfurter Stadtrat Herbert Wiener kam gerade von einer Anti-Atomkraft-Demo aus Gundremmingen zurück, erfuhr in Würzburg über Handy vom 50:50-Patt und schaute gleich mal in Schonungen vorbei. Dort strahlte der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Reimann „wie ein Schneekönig“, weil Rottmann beispielsweise im schwarzen Gemeindeteil Reichmanshausen eine Wähler-Mehrheit mobilisierte. „Das ist eine unglaubliche Geschichte“, so Reimann, „er hat es geschafft, auch skeptische Alte zu überzeugen, er hat Ortsteile und Generationen zusammengebracht und will den älteren Martin Oßwald weiter mit im Boot haben. Das ist eine tolle Geste, typisch Stefan.“

Vom Aufwind der Landkreis-SPD will natürlich auch Florian Töpper profitieren. Der junge Richter tritt am 23. September gegen Harald Leitherer bei der Wahl zum Schweinfurter Landrat an. Auch hier stellte die SPD bei den letzten Wahlen keinen Kandidaten, will es diesmal aber wissen. „Es ist nichts unmöglich. Heute hat sich wieder gezeigt, dass in Bayern einiges in Bewegung ist“, lobte Töpper ausdrücklich „die beachtlichen guten Ergebnisse, die Stefan Rottmann außerhalb seines Heimatortes Schonungen erzielte“. Im Zentrum freilich, im Hauptort selbst, da fiel die Wahl mit rund 60 zu 40 Prozent um einiges deutlicher aus. Eng wurde es aufgrund des ländlichen, CSU-geprägten Oberlandes. Sehr eng. „Ich hatte eigentlich geglaubt, die Geburt war schon schwierig…“, spaßte Mutter Dagmar Rottmann. Vater Norbert überreichte als Geschenk auch noch einen Kasten Libella-Limonade („Dein Gesundheitstrunk“). Auf der schon angesprochenen Karikatur mit dem grinsenden Rottmann im Anzug, steht neben dem Schreibtisch ein geöffneter Safe, sichtlich gefüllt mit Goldbarren. Das Urspungsbild dazu entstand im Büro in der Bankfiliale. Dort mag Geld vorhanden sein, in der Gemeinde Schonungen ist es das nicht. Und deshalb wird der Alltag für Stefan Rottmann ab Mai sicherlich nicht immer ganz so spaßig werden wie der Abend nach einem sensationellen Wahlsonntag.

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